Zwei Frauen kämpfen um das Bischofsamt von Hamburg und Lübeck

DIE WELT, Printausgabe 6. April 2011:

Von Edgar S. Hasse
Mehr als acht Monate nach dem Rücktritt von Maria Jepsen als Bischöfin von Hamburg und Lübeck stehen jetzt die Kandidatinnen für ihre Nachfolge fest: Wie das Nordelbische Kirchenamt am Dienstag in Kiel mitteilte, werden sich die Hamburger Pröpstin und Hauptpastorin von St. Jacobi, Kirsten Fehrs (49), und die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr (44), am 17. Juni im Michel der Wahl durch die nordelbische Synode (Kirchenparlament) stellen. Einen männlichen Kandidaten gibt es nicht. Mit Kirsten Fehrs kandidiert eine beliebte und anerkannte Hamburger Seelsorgerin, die die nordelbischen Strukturen genau kennt und mitgestaltet hat – und mit Petra Bahr eine Theologin, die gleichsam von außen ihre vielfältigen Erfahrungen einbringen kann.
Synodenpräsident Hans-Peter Strenge zeigte sich erfreut über die Entscheidung des Bischofswahlausschusses. „Der gute Ruf von Petra Bahr ist auch dem Wahlausschuss zu Recht nicht verborgen geblieben“, sagte er. „Und Kirsten Fehrs ist als Dithmarscherin mit allen nordelbischen ‚Reformwassern gewaschen’ und im Sprengel Hamburg und Lübeck angekommen“.
Im Gespräch mit der „Welt“ erläuterten die beiden Theologinnen, worauf sie im Falle ihrer Wahl unter anderem ihr Augenmerk legen wollen. „Ich möchte dazu beitragen, die evangelische Kirche als Begegnungsort der Menschen zu gestalten. Ebenso wichtig ist mir der interreligiöse Dialog“, sagte Pröpstin Fehrs. Es gehe darum, sensibel und mit Herz die Belange der Menschen aufzugreifen und integrierend zwischen unterschiedlichen Interessen zu vermitteln. „Wichtig ist mir außerdem, die Stellung Hamburgs und Lübecks in der künftigen Nordkirche zu stärken.“ Die Metropole müsste noch mehr ins Gespräch gebracht werden.
Der EKD-Kulturbeauftragten Petra Bahr liegen besonders jene Menschen am Herzen, die sich von der Kirche entfremdet haben. „Das sind die Zaghaften, die Distanzierten, die Beschämten und die Sehnsüchtigen, die sich nur selten über die Schwelle ins pralle Gemeindeleben trauen“, sagt sie. Zudem werde auch sie das Gespräch mit den Muslimen suchen.
Bahr stammt aus Lüdenscheid, hat an der Theologischen Fakultät Basel über die „Darstellung des Undarstellbaren“ promoviert und als theologische Referentin an der Theologischen Forschungsstelle der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg gearbeitet. Seit 2006 ist sie als EKD-Kulturbeauftragte in Berlin tätig. Kirsten Fehrs wurde im schleswig-holsteinischen Wesselburen geboren, hat in Hamburg Theologie studiert, als Gemeindepastorin, Lehrbeauftragte und Leiterin eines Evangelischen Bildungswerkes gearbeitet und war leitend in der kirchlichen Personalentwicklung tätig. Seit 2006 ist sie als Pröpstin und Hauptpastorin in Hamburg tätig. Beide Kandidatinnen sind verheiratet. Im Rahmen eines Gottesdienstes und eines Vortrages stellen sie sich den Kirchenparlamentariern vor.
Der 17-köpfige Bischofswahlausschuss unter Leitung von Bischof Gerhard Ulrich (Schleswig) hatte mehrere Monate lang nach Nachfolgern gesucht – und etliche Absagen erhalten. Weil es derzeit mit Ilse Junkermann von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland bundesweit lediglich eine Frau in einem Bischofsamt gib, steht hinter dieser Kandidatenkür eine Richtungsentscheidung für Gender-Kontinuität. Denn Maria Jepsen war 1992 zur weltweit ersten lutherischen Bischöfin gewählt worden.
Im Sprengel Hamburg und Lübeck leben 923000 evangelische Christen. Pfingsten 2012 wollen sich die Landeskirchen Nordelbien, Mecklenburg und Pommern zur Nordkirche zusammenschließen und einen Landesbischof wählen, der seinen Sitz in Schwerin hat. Die Position für Hamburg und Lübeck steht daher im Rang eines Regionalbischofs, die allerdings mit Medienaufgaben und –repräsentation ergänzt werden könnte.

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