Archiv für den Monat: August 2011

Zwei Hamburger Wahrzeichen feiern: Cap San Diego wird 50, der Alte Elbtunnel 100 Jahre alt

 

Von Edgar S. Hasse

(Quelle : WELT; 31. 08.2011)http://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article13575421/Geburtstagsparty-auf-und-unter-der-Elbe.html

Eine Nacht als „Kapitän“ auf der  „Cap San Diego“: http://www.meer-glauben.de/2012/09/eine-nacht-als-kapitan-auf-der-cap-san-diego/

Es mögen vielleicht 1000 Meter sein, die den Alten Elbtunnel und das Museumsschiff „Cap San Diego“ voneinander trennen. So unterschiedlich die beiden Hamburger Wahrzeichen auch sind – beide feiern in wenigen Tagen ein Jubiläum, das sie erneut in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Jenes Bauwerk, das 426 Meter lang ist, besteht am kommenden Mittwoch seit 100 Jahren. So weit bringt es das schwimmende Denkmal mit seinen knapp 160 Metern Länge nicht: Es wird 50 Jahre alt, hat dafür aber fast die ganze Welt gesehen.

Das halbe Jahrhundert feiert der weltweit größte fahrtüchtige Museumsfrachter „Cap San Diego“ an diesem Sonntag (4. September) mit einem großen Fest an Bord. „Wir laden dazu alle Hamburger ein. Sie dürfen kostenlos das Schiff besichtigen“, sagt Bord-Managerin Gesa Rädeker. Geöffnet sei der frühere Frachter der Reederei Hamburg Süd in der Zeit von zehn bis 18 Uhr. Allerdings sollten sich die Besucher auf Wartezeiten einstellen. Neben kulinarischen Köstlichkeiten, musikalischen Akzenten und vielen interessanten technischen Geschichten mit reichlich Seemannsgarn erwartet die Besucher die Präsentation eines neuen Bildbandes mit dem Titel „Cap San Diego Hamburg“. Die handliche Fotopublikation ist im Hamburger Junius Verlag erschienen, umfasst 112 Seiten und kostet 14,90 Euro.

Das liebevoll illustrierte Buch mit den doppelseitigen und miteinander korrespondierenden Fotografien von Heike Ollertz und Axel Martens dokumentiert den jüngsten Werftaufenthalt bei Blohm + Voss genauso wie Gästefahrten und das Leben an Bord mit dem Einsatz der vielen ehrenamtlicher Helfer. Jedes Jahr besuchen nach Angaben von „Cap San Diego“-Geschäftsführer Jens Weber 100. 000 Besucher jenen musealen Stückgutfrachter, den die Stadt Hamburg 1986 vor dem letzten Weg in einen asiatischen Hochofen mit einer Millionensumme gerettet hat. Mit moderner Technik auf der Brücke geht der „weiße Schwan des Südatlantik“ auch heute noch gelegentlich auf Fahrt. Allerdings führen die Törns eher nach Bremen (wie nächstes Jahr) oder nach Wismar wie zum diesjährigen Hafenfest. Gut 4000 Gästefahrkarten wurden in der laufenden Saison verkauft.

Derweil rüstet sich das Wahrzeichen unter der Elbe zum noch größeren Jubiläum. Am 7. September 1911 hatte Kaiser Wilhelm II. den Alten Elbtunnel eingeweiht. 100 Jahre später gibt es nun zur Geburtstagsfeier ein buntes Festprogramm, zu dem eine Ausstellung (3. September; 7. bis 11. September), musikalische Auftritte und sogar eine Kutschfahrt gehören. Anlässlich des Tunnelgeburtstages werden am kommenden Mittwoch zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder Pferdekutschen durch den 24 Meter tiefen Tunnel fahren. Außerdem ist für den 11. September eine Oldtimerparade geplant.

Pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum ist jetzt das Buch „Der Alte Elbtunnel. Ein schönes Stück Hamburg. Geschichte und Geschichten“ erschienen (Koehlers Verlagsgesellschaft, 160 Seiten, 24,95 Euro). „Seine solide Bauweise ist bis heute über alle Zweifel erhaben“, lobt der Autor dieser Publikation, der Hamburger Journalist Hans Jürgen Witthöft, das imposante Denkmal. Auch heute durchqueren täglich viele Einheimische und Touristen den unterirdischen Verkehrsweg zwischen St. Pauli und Steinwerder. Jährlich sind es rund 300. 000 Autos, 100 . 000 Fahrräder und 800. 000 Fußgänger. Einer von ihnen ist Autor Witthöft, selbst bekennender Tunnel-Nutzer, der nunmehr eine historische Hommage an seinen Lieblingsort vorgelegt hat.

Wer zu diesen beiden Jubiläen an die Landungsbrücken fährt, kann sich bei dieser Gelegenheit gleich vom Fortgang wichtiger Sanierungsarbeiten überzeugen. Die Hamburg Port Authority (HPA) feierte am Dienstag mit einem Richtfest des rekonstruierten historischen Landungsbrücken-Daches den Abschluss der letzten wichtigen Bauarbeiten. Anfang Oktober wird das Gerüst an der Ostseite der Landungsbrücken abgebaut. Dann erstrahlt das gesamte Ensemble aus Pegelturm, Landungsbrücken und dem Schachtgebäudes des Elbtunnels wieder in altem Glanz.

Bundespräsident Wulff: „Wir haben mit Loriot Lachen gelernt“

Quelle: Evangelischer Pressedienst, 23. August 2011

Von Andreas Rehnolt und Renate Kortheuer-Schüring

„Mit 70 muss man damit rechnen, aus biologischen Gründen vertragsbrüchig zu werden…“, witzelte Loriot vor Jahren. Da war Vicco von Bülow selbst schon über 80. Und er begegnete dem eigenen Altern mit einer gehörigen Portion schwarzen Humors. Am 22. August, Montagnacht, ist Deutschlands berühmtester Karikaturist mit 87 Jahren in Ammerland am Starnberger See gestorben – an Alterschwäche. Als einer der ersten brachte Bundespräsident Christian Wulff seine Trauer zum Ausdruck: „Wir haben durch Loriot lachen gelernt.“

„Wach bleiben, nichts als selbstverständlich hinnehmen und sich über alles wundern“ – hatte der einst sein Erfolgsrezept beschrieben. Der Cartoonist, Autor, Schauspieler und Regisseur war Loriot vor allem für seine exakte Planung von Witz und Hintergründigkeit bekannt. „Ich zeige ja allzu menschliche Dinge, die wirklich jedem passieren und einen großen Wiedererkennungswert haben“, sagte er.

Den meisten Deutschen ist er wohl durch die gespielten Sketche seiner sechsteiligen Fernsehserie „Loriot“ im Gedächtnis – oft an der Seite von Evelyn Hamann (1947-2007). Legendär ist etwa die „Liebeserklärung“, die an einer Nudel auf der Nase scheitert. Aber auch die Trickfilme mit Dr. Klöbner, Herrn Müller-Lüdenscheidt und einer Gummi-Ente in der Hotelbadewanne zählen zu den unvergessenen Loriot-Klassikern. Später wurden seine Kinofilme „Ödipussi“ (1988) oder „Pappa ante portas“(1990) zu großen Erfolgen.

Der am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geborene Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow stammt aus einer alten preußischen Offiziersfamilie. Er wuchs bei seiner Großmutter in Berlin auf, wurde zum Kriegsdienst eingezogen, nahm am Russlandfeldzug teilt. Nach Kriegsende studierte er Malerei und Grafik und zeichnete ab 1950 unter dem Pseudonym „Loriot“ Karikaturen. Der Name, der später sein Markenzeichen wurde, geht auf das Wappentier der Familie zurück: den starengroßen, gelbschwarzen Pirol, der auf französisch Loriot heißt.

Vicco von Bülow war seit 1951 mit seiner Frau Romi verheiratet und Vater von zwei Töchtern. Er lebte bis zuletzt am Starnberger See. Seit einigen Jahren war es stiller geworden um ihn. Loriot hatte sich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Das Fernsehen sei heute „zu schnell geworden für meine Komik“, befand er. Die von ihm stets angestrebte und geleistete „komische Qualität“ sei kaum mehr erreichbar im hektischen TV-Geschäft.

Besonders zugeneigt blieb der Humorist zeitlebens dagegen der klassischen Musik und der Oper. 1982 dirigierte er ein humorvolles Festkonzert zum 100. Geburtstag der Berliner Philharmoniker, mit deren Geschichte er familiär verbunden war. Selbst inszenierte er als Regisseur die Opern „Martha“ in Stuttgart und „Der Freischütz“ in Ludwigsburg. Loriot galt zu Recht als einer der vielseitigsten humoristischen Künstler im deutschsprachigen Raum.

Anlässlich seines 85. Geburtstags zeigte das Berliner Museum für Film und Fernsehen 2008/2009 die bislang größte Ausstellung zu seinem Werk. Das ist hochdekoriert, unter anderem mit einem Adolf-Grimme-Preis (1974), der Goldenen Kamera (1978), dem Deutschen Kleinkunstpreis (1979) zwei „Bambis“ (1988, 1993), dem Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache (2004) und dem Deutschen Comedypreis/ Ehrenpreis (2007). Victor von Bülow ist zudem Träger des Großes Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1998).

Dem Publikum bleibt er wohl vor allem durch seine Filme und Fernsehsketche in Erinnerung. „Der deutsche Film ist angenehmer als eine Nase, denn bei durchschnittlicher Länge läuft er nur 90 Minuten.“ Diesen Ausspruch über die Filmkunst legte Vicco von Bülow seinem berühmten Knollennasen-Männchen in den Mund. Auch der Hund Wum und seine Freunde, der Elefant Wendelin und der Blaue Klaus, mit denen das ZDF über viele Jahre für die Aktion Sorgenkind warb, stammten aus Loriots Feder.

Zu Klassikern wurden die „Steinlaus“ – eine Parodie auf den Tierfilmer Bernhard Grzimek, der „Lottogewinner“, der mit dem Papst in Wuppertal eine Herren-Boutique eröffnen will oder die Hausfrau Frau Hoppenstedt mit ihrem „Jodeldiplom“: Evelyn Hamann bringt Herrn Doktor Vogler zur Weißglut, weil sie einfach nicht begreift, dass Hollerö dö dudel dö „als zweites Futur bei Sonnenaufgang“ etwas gänzlich anderes ist als Holleri du dödel di. „Lachen ohne Anlass ist pure Dämlichkeit“, formulierte Loriot einst über die „allzu menschlichen Dinge“ in seinen Sketchen. Nicht nur Bundespräsident Wulff ist sich sicher: „Loriot lebt in seinen Werken weiter.“

Loriot ist tot – Mit 87 Jahren gestorben

 

Quelle: dpa, 23.8.11

Deutschlands berühmtester Humorist Loriot ist tot. Der Künstler, der mit bürgerlichem Namen Vicco von Bülow hieß, starb am Montagabend in Ammerland am Starnberger See an Altersschwäche, wie der Diogenes Verlag am Dienstag mitteilte. Loriot wurde 87 Jahre alt. Seine zahlreichen Sketche sind legendär – etwa die Nudel im Gesicht beim verpatzten Rendezvous, der missglückte Auftritt des Lottogewinners Erwin Lindemann oder die Cartoons „Herren im Bad“ und „Das Frühstücksei“. Auch seine beiden Kinofilme „Ödipussi“ (1988) und „Pappa ante portas“ (1991) begeisterten Millionen Menschen. Loriot wurde zunächst mit Zeitschriften-Cartoons und Knollennasenmännchen bekannt. Später kamen die Fernseh-Sketche, etwa in der ARD-Serie „Loriot I-VI“ (Erstausstrahlung 1976-1979), hinzu. In Sketchen wie über die Familie Hoppenstedt trat Loriot meist selbst als wandlungsfähiger Schauspieler hervor, oft mit seiner bereits 2007 gestorbenen Kollegin Evelyn Hamann.

Manche nannten den aus Brandenburg an der Havel stammenden Offizierssohn, dessen Vorfahren am Hof von Friedrich dem Großen verkehrten, auch den „Karl Valentin des Cartoons und der Fernsehunterhaltung“ oder „Deutschlands komischste Figur“. Auf jeden Fall war Loriot, der sich nach dem französischen Wort für das Wappentier seiner Familie benannte (loriot = Pirol), einer der populärsten Deutschen. In Umfragen nach der Beliebtheit kam er regelmäßig auf einen der vordersten Plätze. Im Jahr 2007 landete er bei der ZDF-Sendung „Unsere Besten – Komiker & Co“ auf Platz eins.

 SEIN LEBENSLAUF, QUELLE: offizielle Loriot-Website:

12.11.1923 geboren in Brandenburg an der Havel
1934-41 Humanistisches Gymnasium Berlin und Stuttgart
1947-49 Kunstakademie Hamburg
seit 1949 Werbegrafik
seit 1950 Cartoons für den Stern
1953 bis heute Bücher im Diogenes Verlag, Zürich: Großer Ratgeber, Tagebuch, Heile Welt, Dramatische Werke, Möpse und Menschen, Loriot, u.a.

Gesamt-Auflage ca. 5 Millionen

seit 1955 Cartoons für QUICK

Humoristische Werbegraphik (SCHARLACHBERG, usw.)

seit 1967 Satirische Prosa
1967-72 TV-Serie CARTOON (Autor und Hauptdarsteller)

Zeichentrickproduktion CARTOON, STANWELL, u.a.

1968 Adolf Grimme-Preis (Ehrende Anerkennung)
1969 Goldene Kamera
1971 Entwurf des TV-Hundes WUM für die AKTION SORGENKIND
1972 Stern des Jahres von der „Münchner Abendzeitung“
1972 Rose D´or de Montreux (Ehrende Anerkennung)
1973 Ausstellung im Wilhelm Busch Museum, Hannover
1973 Grimme Preis in Silber
1973 Goldene Europa
1973 Goldene Schallplatte
1974 Großes Verdienstkreuz
1974 Karl-Valentin-Orden
1975 Text zu „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens
1976 Deutscher Schallplattenpreis
seit 1976 TV-Serie LORIOT I – IV (Autor, Hauptdarsteller, Regisseur)
1978 Goldene Kamera
1979 Deutscher Kleinkunstpreis
1979 „Versuch eines Dirigates“ der Berliner Philharmoniker anlässlich des Bundeskanzlerfestes
1979 Mitglied des P.E.N.
1980 Politische Satire für TV-Sendereihe REPORT
1980 Bayerischer Verdienstorden
1982 Festrede und Sketche mit den Berliner Philharmonikern anlässlich ihres 100. Geburtstages
1982 Festrede zur Wiedereröffnung des Deutschen Theaters in München
1982 Preis der deutschen Schallplattenkritik
1983 TV-Sendung „Loriots 60. Geburtstag“
1983 Text zu „Peter und der Wolf“ von Sergej Prokofieff
1984 Rede zur Verleihung des Erich-Kästner-Preises für Literatur
1985 Ausstellung und Feier im Dom zu Brandenburg
1985 Inszenierung der „Dramatischen Werke“ im Stadttheater Aachen (Regie)
1985 Literaturpreis der Stadt Kassel für grotesken Humor
1985/86 Inszenierung der Oper „Martha“ an der Staatsoper Stuttgart (Regie, Bühnenbild, Kostüm)
1986 Telestar, Ehrenpreis für Fernsehunterhaltung
1986 „Critici in erba“ der Internationalen Jugendbuchmesse, Bologna
1988 Premiere des Spielfilms „Ödipussi“ in Berlin Ost und West am 10.3.88 (Autor, Regisseur, Hauptdarsteller)
1988 Ernst-Lubitsch-Preis für die beste deutschsprachige Filmkomödie 1988
1988 Ausstellung im Wilhelm Busch Museum, Hannover
1988 Inszenierung der Oper „Freischütz“ anlässlich der Ludwigsburger Schlossfestspiele (Regie, Bühnenbild, Kostüme)
1988 TV-Sendung „Loriots 65. Geburtstag“
1988 Rede anlässlich der Verleihung des Bayrischen Filmpreises „Bambi“
1989 Rede anlässlich der Verleihung des Deutschen Filmpreises
1989 Ausstellung in Weimar und Rostock
1990 1. Auftritt mit dem Scharoun-Ensemble mit dem „Karneval der Tiere“ in Berlin
20.2.1991 Premiere des 2. Spielfilms „Pappa ante portas“ (Autor, Regie, Hauptrolle)
1991 Goldene Leinwand der Gilde Deutscher Filmkunsttheater
1991 Auftritt mit dem Scharoun-Ensemble bei den Salzburger Osterfestspielen, im Gewandhaus Leipzig und im Brandenburger Theater mit „Karneval der Tiere“ und „Peter und der Wolf“
1991 Goldenes Grammophon der Deutschen Grammophon Gesellschaft
1992 „Der Ring an einem Abend“ (Wagner „Ring des Nibelungen“ in einer Fassung für Erzähler, Sänger und Orchester) in Mannheim
1992 TV-Sketch anlässlch Heinz Rühmanns 90. Geburtstag
1993 TV-Sendung „Loriots 70. Geburtstag“
1993 Ausstellung in Potsdam, Düsseldorf, München, Hamburg
7.4.1993 „Der Ring an einem Abend“ in Mannheim
22./23.4.1993 „Karneval der Tiere“ und „Peter und der Wolf“ mit dem Gewandhausorchester unter Kurt Masur in Leipzig
1993 „Der Ring an einem Abend“ in der Volksoper in Wien
1993 Ehrenbürgerschaft der Stadt Brandenburg und Gemeinde Münsing
1993 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (Abteilung Darstellende Kunst)
1993 Sonderbambi verliehen vom Burda Verlag
1994 Verschiedene Lesungen mit Walter Jens aus dem Briefwechsel von Friedrich II und Voltaire
17.1.1996 Thomas Mann-Lesung im Jüdischen Gemeindezentrum in Frankfurt
1996 Ehrenlöwe des Fernsehpreises „Der Goldene Löwe“
1997 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin-Brandenburg
1998 TV-Sendung „Loriots 75. Geburtstag“
23.9.1998 Großes Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
12.6.1999 Verleihung des Weilheimer Literaturpreises

Rede an die Jugend

2001 Ehrenmitglied der Deutschen Oper Berlin
2001 Verleihung des Till-Eulenspiegel-Satire-Preises
2.7.2001 Verleihung der Ehrendoktorwürde, Uni Wuppertal
2002 Ehrenpreis des Bayerischen Filmpreises
2003 TV-Sendung „Loriots 80. Geburtstag“
2003 Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin für das Fach Theaterkünste
2003 Ehrenpreis der Goldenen Kamera
30.10.2004 Verleihung des Jacob-Grimm-Preises
30.4.2006 Benefiz-Matinee zur Erhaltung des Berliner Renaissance-Theaters
2007 Kultureller Ehrenpreis der Stadt München
2008 Sonderausstellung „Loriot – Eine Hommage“ in der Deutschen Kinemathek Berlin

Angst vor Piratenangriffen – Internationale Konferenz der Seemannsmissionen in Hamburg

Angst vor Piratenangriffen –

Internationale Konferenz der Seemannsmissionen: Menschen, nicht Waren in den Blick nehmen

Von Edgar S. Hasse
(Quelle: WELT, 18. August 2011).
Nur 13 Seeleute arbeiten im Durchschnitt auf einem Containerschiff, das immerhin so groß wie 17 Fußballfelder ist. „Dass da überhaupt Menschen tätig sind, gerät angesichts der Größe dieser modernen Frachter oft gar nicht in den Blick“, sagt Heike Proske, Generalsekretärin der Deutschen Seemannsmission mit Sitz in Bremen. „Stattdessen liegt der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung auf dem Wirtschaftsfaktor und dem Warenumschlag. Oder – bei einem Piratenangriff – auf dem Lösegeld.“
Die zehnte Weltkonferenz der Internationalen Seemannsmissionen (ICMA) in Hamburg will dazu beitragen, die Situation der Seeleute stärker ins Blickfeld zu nehmen. Vom 19. bis 23. August treffen sich rund 200 Vertreter von Seemannsmissionen aus 49 Ländern zu ihrer internationalen Konferenz in der Hansestadt. Zuletzt kamen die ICMA-Repräsentanten aus verschiedenen christlichen Denominationen 2004 in New Orleans zusammen. Thema sind diesmal unter anderem die Piratenangriffe auf Containerfrachter, die wachsende Bedeutung der Kreuzfahrt, die Vereinsamung der arbeitenden Menschen auf See und die 2006 auf den Weg gebrachte Maritime Labour Convention (MLC, Seearbeitsabkommen). Das Dokument hält Mindeststandards bei den Arbeitsbedingungen für weltweit mehr als 1,2 Millionen Seeleute fest; es geht unter anderem um Arbeitszeiten, Unterbringung und ärztliche Versorgung. Geplant ist, dass diese Vereinbarung 2012 in Kraft tritt.
 
Im Vorfeld der internationalen Tagung im Hamburger Michel hat der Verband Deutscher Reeder (VDR) die Arbeit der kirchlichen Seemannsmissionen gewürdigt. Sie wird unter anderem von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), vom VDR und aus Spendenmitteln gefördert. Das Geschäftsführende Präsidiumsmitglied des VDR, Senator a. D. Ralf Nagel, sagte der „Welt“: „Die Deutsche Seemannsmission führt auf eine besonders menschliche Art jeden Tag in vielen Häfen dieser Welt vor, was ‚Christliche Seefahrt‘ heute bedeutet. Sie leistet damit eine Arbeit, die aus der heutigen Seefahrt nicht mehr wegzudenken ist.“ Es sei ein großes Verdienst der Seemannsmission, darauf hinzuweisen, dass völlig unabhängig von der ungeheuren Größe der Maschinen, vom Volumen des Umschlags und von der Geschwindigkeit des Handels immer der Mensch im Mittelpunkt stehe, so Nagel. „Die Seemannsmission ist für alle Menschen da, unabhängig von Glauben und Herkunft. Es gibt kaum eine Institution, die so selbstverständlich eine überkonfessionelle und dabei so überaus menschliche Überzeugung lebt.“
 
Nach Angaben der Generalsekretärin der Seemannsmission, Heike Proske, unterhält die deutsche Organisation 17 ausländische und 16 inländische Stationen. Weltweit sind für sie 700 Mitarbeiter tätig, darunter 65 hauptamtliche. Mit den Schiffen kommen Besatzungen verschiedenster Herkunft, Religion und Weltanschauung in die Häfen; nur noch rund 450 Schiffe fahren unter deutscher Flagge und Führung über die Meere. „Es ist eine ständige Herausforderung, sich auf die Menschen anderer Kulturen einzustellen“, sagt die Hamburger Seemannspastorin Heike Spiegelberg. Mehr als 50 000 Seeleute besuchen jährlich die von Nordelbien betreuten Seemannsclubs, mehr als 10 000 übernachten in den Heimen. Nach Angaben von Propst Jürgen F. Bollmann haben im Internationalen Seemannsclub Duckdalben seit seiner Gründung vor 25 Jahren mehr als 700 000 Seeleute einen vorübergehenden Aufenthaltsort gefunden. Dort befinden sich auch Gebetsräume mit religiösen Symbolen der verschiedenen Weltreligionen.
An der Spitze der Herkunftsländer der Seeleute stehen die Philippinen, gefolgt von Russland, der Ukraine und Polen. „Aber zunehmend sind Chinesen und Türken im Kommen“, sagt Heike Proske. Besonders von den Reedereien nachgefragt seien momentan Arbeitskräfte, die von den Pazifikinseln Tuvalu und Kiribati stammen, weil sie als besonders billig gelten. Die Philippiner hätten sich derweil qualifiziert und übten besser bezahlte Jobs aus. Vor allem sprachlich besser ausgebildete Seeleute fänden Arbeit auf Kreuzfahrtschiffen. Allerdings gäbe es bei den Verträgen auf See, die meist für die Dauer von neun Monaten geschlossen werden, große Unterschiede. So sei die Bezahlung im Krankheits- und Urlaubsfall häufig nicht gewährleistet. Selbst dann, wenn ein Schiff von Piraten überfallen werde, erhielten die Seeleute für die Tage der Geiselnahme keinen Lohn. „Hier sehen wir dringenden Klärungsbedarf“, sagt die Generalsekretärin der Deutschen Seemannsmission.
 

„Im Polizeigriff ins Flugzeug“ – Humanitärer Bericht über die Abschiebepraxis am Hamburger Flughafen

Von Edgar S. Hasse

(Quelle: WELT; 16.8.2011)

Ein Iraner sollte im vergangenen Jahr vom Hamburger Flughafen aus in seine Heimat abgeschoben werden. Es war bereits der zweite Versuch, denn beim ersten Mal hatte er Widerstand geleistet. Nun aber machte der Mann den Eindruck, als stehe er unter Drogeneinfluss. Einer der Beamten sagte laut: „Wenn er nicht will – ich kenne Griffe, die tun richtig weh. Und dann klappt das schon.“ Wenig später brachte jener Beamte diesen Flüchtling ins Flugzeug – „im Polizeigriff“, wie es hieß.

Diese Szene schildert der jetzt veröffentlichte Bericht der Abschiebungsbeobachtung am Hamburger Flughafen für das Jahr 2010. Darin beurteilt zum ersten Mal das Forum Flughafen Hamburg aus humanitärer Perspektive die realen Abläufe der Abschiebepraxis auf dem Airport. Das Gremium aus Nichtregierungsorganisationen und Kirchen hat die Aufgabe, eventuellen Verstößen gegen Menschenrechte nachzugehen und Verbesserungen im Gesamtverfahren herzustellen. Das Fazit für 2010: Trotz einer konstruktiven Zusammenarbeit mit Bundespolizei und Behörden gebe es „immer wieder Probleme und menschliche Härten“. Verfasserin des Berichts ist die Sozialpädagogin Astrid Schukat, die im Auftrag der Nordelbischen Kirche seit Anfang 2010 als Abschiebungsbeobachterin am Flughafen Hamburg tätig ist.

Wie aus dem Monitoring hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr 762 Flüchtlinge über den Hamburger Flughafen aus Deutschland in ihre Heimat oder in jenen EU-Staat zurückgeführt, in den sie zuerst gekommen waren (Dublin-II-Rückschiebungen). Insgesamt hat Beobachterin Schukat 322 Abschiebungen begleitet, von denen die meisten in den frühen Morgenstunden stattfanden. Alle Fälle hat sie akribisch dokumentiert – darunter auch jenen: Ein afghanischer Staatsbürger sollte nach Athen überstellt werden. Die Beamten überreichen ihm den Bescheid über diese Maßnahme, der allerdings keine Übersetzung in eine ihm bekannte Sprache enthält. Als ihm schließlich klar wird, dass er nach Griechenland zurückgeschoben werden soll, fängt er an zu zittern, zeigt seine Ekzeme an Händen und Beinen. Schließlich bricht der leitende Beamte der Bundespolizei die Maßnahme vor Ort ab. Drei Tage später wird der Afghane an Händen und Füßen gefesselt erneut in das Flughafengebäude getragen. „Er ist barfuß. Er zittert am ganzen Körper, er hat die Augen geschlossen“, heißt es in dem Bericht.

Als er auf dem Durchsuchungsraum auf dem Fußboden liegen bleibt und sich nicht rührt, bricht die Bundespolizei die Maßnahme ab. Dieser passive Widerstand war übrigens kein Einzelfall: Im vergangenen Jahr gab es zehn Versuche, Menschen vom Hamburger Flughafen aus nach Griechenland abzuschieben. Vergeblich. Alle Versuche scheiterten am passiven Widerstand der Betroffenen. Bundesweit wurden im vergangenen Jahr 6907 Menschen auf dem Luftweg aus Deutschland abgeschoben. In Hamburg scheiterten insgesamt elf solcher Rückführungen wegen passiven oder aktiven Widerstands. Mehr noch: Sieben weitere Maßnahmen wurden nicht vollzogen, weil die Flugzeugführer sich weigerten, diese Passagiere mitzunehmen. Wie der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Jörg Handwerg, auf „Welt“-Anfrage bestätigte, kommt es in Einzelfällen durchaus vor, dass die Piloten eine Mitnahme der abzuschiebenden Migranten ablehnen. „Das liegt immer in der Einschätzung der Flugkapitäne. Sie sind nicht verpflichtet, Menschen mitzunehmen, die sich gegen ihre Abschiebung wehren und für andere Passagiere und den gesamten Flug eine Gefahr darstellen können“, sagt Handwerg.

In einer Stellungnahme kritisiert die Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Kirche, Fanny Dethloff, zudem, dass Menschen „mittellos“ an den Flughafen gebracht würden und nicht wüssten, wie sie vom Zielflughafen an ihren tatsächlichen Bestimmungsort gelangen könnten. Außerdem sollten sie die Möglichkeit haben, vor Ort mit ihren Angehörigen zu telefonieren. Das Forum Flughafen, zu dem Vertreter der Kirchen, von Amnesty International, Pro Asyl, der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen sowie staatliche Akteure gehören, schlägt deshalb vor, die Abzuschiebenden mit Handgeld auszustatten. So ist es im Saarland gängige Praxis, Erwachsene und Jugendliche mit jeweils 50 Euro, Kinder bis zum Alter von zwölf Jahren mit 25 und Familien mit maximal 150 Euro auszustatten. Eine Sprecherin der Hamburger Innenbehörde sagte unterdessen der „Welt“, dass eine generelle Regelung dafür in Hamburg nicht erforderlich sei. „Wir zahlen Handgeld in Einzelfällen und klären im Gespräch mit den Betroffenen, wie hoch der Bedarf etwa für Reisekosten sein könnte.“ Das Geld werde von der Bundespolizei verauslagt und schließlich von der Ausländerbehörde erstattet. Zu den weiteren Forderungen im Abschiebungsmonitoring zählen Schulungen für Beamte und eine bessere Information für die Betroffenen. Die Tatsache, dass die Dublin-II-Bescheide spät und nicht übersetzt zugestellt werden, sei nicht nur in Hamburg so, kritisiert der Bericht. Das System der humanitären Überwachung von Flüchtlingen ist nicht nur in Hamburg, sondern auch auf den Flughäfen Düsseldorf und Frankfurt am Main etabliert. Die Hamburger Vertreter sprechen sich nun dafür aus, dieses humanitäre Projekt fortzuführen.