Archiv für den Monat: Februar 2014

Deutsches Kreuzfahrtschiff „Hanseatic“ wagt erstmals legendäre Nordostpassage

Quelle: Mein Beitrag, WELT Online, 22.2.2014
http://www.welt.de/regionales/hamburg/article125085147/Die-Hanseatic-wagt-die-legendaere-Nordostpassage.html

nordostpassage

Erstmals wagt ein nicht-russisches Kreuzfahrtschiffe die legendäre Nordostpassage von russisch-Fernost vorbei an der sibirischen Küste bis nach Murmansk und schließlich nach Norwegen.
Es ist die „Hanseatic“ von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten.

Ausgerüstet mit der höchsten Eisklasse (E 4) für Passierschiffe und mit maximal 175 Gästen an Bord, startet die Reise am 12. August 2014 mit einem Sonderflug nach Alaska und führt dann mit dem Fünf-Sterne-Expeditionsschiff unter der Leitung von Kapitän Thilo Natke bis ins norwegische Bodö. Der Einstiegspreis dieser bereits ausgebuchten Reise liegt bei 22.500 Euro.
Möglich wird die Expeditionsreise durch das im Sommer schmelzende Polareis. Der Klimawandel hat dort zu einem erheblichen Rückgang des Sommereises geführt. Seit 2008 sind Nordost- und Nordwestpassage gleichzeitig während des polaren Sommers für die Schifffahrt nutzbar. Bisher verkehrten dort in dieser Zeit einige Dutzende Handelsschiffe und russische Expeditionsschiffe. Im Sommer 2014 wird es erstmals die deutsche „Hanseatic“ sein. Die Reise ist ausgebucht.

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FOTOS: KLETT VERLAG; HAPAG LLOYD KREUZFAHRTEN

Alster op Platt – Erstmals Hamburger Alster-Törns in niederdeutscher Sprache

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Von Edgar S. Hasse
Quelle: Hamburger Abendblatt, 17.2.2014
Rudolf und Ursula Birgels bestellen an Bord des Alsterdampfers „Quarteerslüüd“ erst mal einen Pott Kaffee. „So schlimm wird das nicht werden“, sagen die beiden Touristen aus dem nordrhein-westfälischen Krefeld, während eine Windböe über die Binnenalster peitscht. Das Ehepaar meint aber nicht das verregnete Sonntagswetter, sondern weist auf einen Mann mit windzerzaustem Haar, roter Jacke und rotem Schal. Es ist Volker Roggenkamp, der gerade den Dampfer betritt, zum Mikrofon greift und die Passagiere auf Plattdeutsch begrüßt: „Moin, Moin. Dat geiht doch!“

Den ganzen Törn lang wird der 68-jährige Stadtführer und Nachtwächter Volker Roggenkamp ohne Punkt und Komma Platt snacken. Wer diese Fahrt gebucht hat, weiß also, worauf er sich einlässt – auf „Diet un Dat up Platt“.
Zum ersten Mal in seiner Geschichte bietet das Unternehmen Alster-Touristik Fahrten auf Plattdeutsch an. Bis Ende Oktober steht die Tour „ALSTER OP PLATT an ausgewählten Terminen auf dem Programm. Preis: 19,50 pro Person. Hochdeutsch sprechen die Stadtführer auf dieser zweistündigen Fahrt vom Anleger Jungfernstieg zum Rondeelteich ganz selten. Zum Beispiel nur dann, wenn solche Worte wie „Oberflächenwasserrückhaltebecken“ nötig sind.

Ganz ohne Schippermütz, aber mit klarem Blick auf den Kurs legt Kapitän Ralph Asmus seinen Dampfer ab. Fremdenführer Roggenkamp, ein Experte für Hummel-Hummel, Heine und ganz Hamburg, packt mehrere Bücher auf den Tisch. Immer wieder wird er Heiteres daraus vortragen, während die „Quarteerslüüd“ wenig später am Mühlenkamp vorbeigleitet. „Kiek mol, die Elbphilharmonie!“, sagt er. Die Hamburger seien froh, dass es kein Flughafen geworden sei, lacht er verschmitzt und weist auf die Kostenexplosion des Flughafens Berlin-Brandenburg hin.
Sobald markante Bauten vor dem Fenster des Alsterschiffes auftauchen, gibt Roggenkamp die wichtigsten Informationen. Rathuus (Rathaus), de Marienkark (Dom St. Marien), die feinen Hotels und, „mein lieber Onkel Otto“, die diversen Rudervereine an der Alster. Fiev dusend (5000) Ruderboote sollen immerhin auf der ALster schwimmen. Sagt der Kapitän.
Die Gäste quittieren, was sie hören, häufig mit Beifall. Und sie wollen mehr wissen. Vertell doch mal! Zum Beispiel das Gedicht des Hamburger Dichters Heinrich von Gyldenfeldt mit dem Titel „Kalzium“. Das geht so: „Es saß einmal auf meinem Schoß / ein Fräulein von den Eskimos. Ich flüsterte: ‚O holdes Kind‘ / wie Kalzium die Lenden sind.“
Mit dem unterhaltsamen Mix aus Poesie und Plattdeutsch erreicht der Dampfer den Stadtpark – und die Stimmung an Bord ihren Höhepunkt. Gisela und Hans-Uwe Seib sehen, wie zwei Kormorane über das Wasser fliegen. Die beiden Hamburger waren schon häufiger mit der Alsterflotte unterwegs. Doch dieses niederdeutsche Hörerlebnis ist auch für sie etwas Neues.
Zwar sprechen immer weniger Menschen die plattdeutsche Sprache. Einige Zehntausend mögen es in Hamburg aber mindestens sein. Aber vielen Hamburgern ist die Pflege des Niederdeutschen besonders wichtig geworden. Nicht von ungefähr bietet die Alster-Touristik deshalb den Törn „Alster Op Platt an – für eine kleine, höchst interessierte Klientel.
Auch andere Unternehmen wie die Asklepios Klinik Wandsbek greifen das neue Interesse auf und verkünden jetzt auf ausgewählten Krankenstationen, dass dort auch PLatt gesprochen wird: „Wi snackt ok Platt“. In einigen Grundschulen wie Neuenfelde und Finkenwerder steht Plattdeutsch sogar auf dem Stundenplan.
Bevor Volker Roggenkamp weitere Geschichten erzählt, passiert das Schiff die ersten Schrebergärten. Eine HSV-Flagge weht da einsam vor einer Laube im Februarwind. Nach den Niederlagen der vergangenen Wochen ein eher bescheidenes Symbol dafür, dass der Verein bald im Aufwind sein könnte. „Holt die HSV-Flagge runter“, ruft da ein Passagier in die Runde. Offenbar steht er mit seiner Position allein. „Die bleibt“, entscheidet Gästeführer Roggenkamp. „Tüdelkram!“
Vom Stadtparksee nimmt die „Quarteerslüüd“ wieder Kurs auf den Heimathafen Jungfernstieg. Die ersten Gäste bestellen Bier, und sechs Osnabrücker Touristinnen dürfen einem NDR-Team vom „Hamburg Jouurnal“ ein munteres „Guten Abend, Hamburg!“ zurufen.
Es geht vorbei bei Bobby Reich, den Pöseldorfer Villen und der Hochschule für Musik und Theater. Wer je einen Alstertörn gemacht hat, kennt Hamburg von seiner schönsten Seite. Aber er hat eines noch nicht erlebt: reichlich Döntjes – 120 Minuten lang Platt auf der Alster. „Gleich sind wir tu huus“, verkündet Roggenkamp. Das Schiff legt an, die beiden Krefelder steigen aus und freuen sich: „Es war lustig und nicht langweilig. Wir haben fast alles verstanden.“

FOTO: ALSTERTOURISTIK

Heidrun von Goessel – Von der Fernsehansagerin zur Kreuzfahrtdirektorin

Von Edgar S. Hasse
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(Quelle: Mein Beitrag in der Welt am SONNTAG, 09.02.14), Foto:Jürgen Joost

Bei ihr beginnt jeder Tag an Bord der MS „Deutschland“ mit einem Lächeln. Schwer fällt ihr das nicht, auch nicht das folgende fröhliche „Guten Morgen!“. Heidrun von Goessel sitzt am Kapitänstisch, genießt die Morgensonne vor der Küste Vietnams bei einem Kaffee und wünscht jedem Gast strahlend einen angenehmen Tag.

Alle Passagiere kennen die Dame, die da in weißer Hose und weißer, kurzärmeliger Bluse am Tisch sitzt. Sie kennen sie aus dem Fernsehen und dem Radio, von öffentlichen Auftritten und Moderationen. Vor allem aber kennen die Gäste des „ZDF-Traumschiffs“ Heidrun von Goessel als Kreuzfahrtdirektorin – nicht in der Serie, sondern ganz real.

Vom 1. Januar bis zum 3. Februar hat die bekannte Medienfrau aus Hamburg auf dem Kreuzfahrtschiff der Neustädter Reederei Peter Deilmann angeheuert. Nicht als Moderatorin, Entertainerin oder Sprecherin, sondern als Cruise Director. Für die 68-jährige Hanseatin, die an der Elbchaussee in Othmarschen wohnt, ein neuer Höhepunkt ihres Lebensweges, die sich von der Kür zur Lady Universum 1970 in Italien, über Engagements als Ansagerin im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bis zu diversen TV-Folgen mit „Hase Cäsar“ führte.

Und nun das: Blaues Meer, tropische Temperaturen, anspruchsvolle Gäste, Seenotrettungsübungen für die Passagiere, harte Drills für die 280-köpfige Crew, Events bis zum späten Abend. Handfeste Arbeit. Fast jeden Tag neue Destinationen in Asien, eine atemberaubende als die andere. Singapur, China, Vietnam, Hongkong. Aussteigen? Fehlanzeige.

Eine Kreuzfahrtdirektorin ist für die Gäste und ihre Wünsche da und für die Leitung der vielen Unterhaltungsangebote, und zwar auf begrenztem Raum. 175 Meter lang, 23 Meter breit. Das Traumschiff, ganz im Stil der Grandhotels gebaut, bietet 520 Passagieren Platz und hat eine betuchte Fangemeinde. „Da gibt es Gäste, die schon mehr als ein Jahr an Bord verbracht haben“, sagt sie.

Seit mehr als 40 Jahren fährt die Moderatorin und Schauspielerin privat und beruflich als Moderatorin zur See. Die Reisen führten sie von der Südsee bis nach Grönland. Gut drei Jahre, schätzt sie, sei sie in all den Jahren an Bord großer und kleiner Kreuzfahrtschiffe gewesen. Manchmal sogar bei Windstärke elf.

Den ganzen Tag auf Achse

Eigentlich hätte sie auf diese Weise weiterhin höchst komfortabel um die Welt reisen können. Bis im vergangenen Jahr das Angebot der Reederei Peter Deilmann kam. Sie könne Kreuzfahrtdirektorin werden, hieß es. Das Unternehmen hatte gerade selbst einige schwere Stürme zu überstehen, an deren Ende als neuer Mehrheitsgesellschafter die Münchner Callista Private Equity und – zum Glück noch immer – die deutsche Flagge steht und weht. Mit neuen Ideen und Gesichtern will die Reederei auch künftig auf Erfolgskurs gehen.

Nach dem kurzen Frühstück am Kapitänstisch beginnt ihr Vollzeitjob. Heidrun von Goessel begibt sich zur Rezeption. Mit ihrer sympathischen, klaren und sicheren Stimme gibt sie einigen Gästen ganz persönliche Tipps für das Tagesprogramm. Danach stehen Meetings mit dem Hoteldirektor im Terminkalender.

Außerdem muss noch die Abendgala mit den Künstlern besprochen werden. Bis in den späten Abend hinein wird Heidrun von Goessel auf Achse sein. Was ihr nicht wirklich fremd ist, denn auch in früheren Jahren als freie Mitarbeitern für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk und das Fernsehen musste sie häufig bis zum Sendeschluss arbeiten.

Vor Erfolg stand harte Seefahrtsschule

Doch anders als vor laufender Kamera hat die Kreuzfahrtdirektorin auf dem Schiff direkten Kontakt zu den Menschen. Sie spürt unmittelbar, welche Wirkung sie mit ihrem Auftritt und ihrem Einsatz erzielt. Kurz nach ihrer Rückkehr nach Hamburg berichtet die leitende Reederei-Mitarbeiterin von jenem Glück, anderen Menschen Glück zu bereiten. „Ich habe von den Gästen ein sehr gutes Feedback bekommen“, sagt sie und strahlt. „Ich habe Blumen bekommen, Dankesbriefe, viele freundliche Worte – auch von den beiden Kapitänen. Das hat der Seele gut getan. Ich habe nicht geglaubt, dass ich so etwas noch einmal erleben könnte.“

Vor dem Erfolg stand freilich die harte Seefahrtsschule. Weil Heidrun von Goessel auch für Sicherheitsübungen verantwortlich ist, musste sie eine Ausbildung mit Prüfung in der Rostocker Seefahrtsschule absolvieren. Ein hartes Training mit Rettungsinseln in der kalten Ostsee, schmalen Leitern an den Kaimauern und vor allem spartanisch eingerichteten Zimmern auf dem Niveau einer Jugendherberge.

„Wir haben so lange trainiert, bis jeder Handgriff im Schlaf sitzt“, sagt die erfolgreiche Absolventin mit dem Hinweis darauf, dass sie wohl die bis dahin älteste Teilnehmerin war. Nur bei den Fallschirmleuchtraketen hatte die angehende Direktorin sprachliche Probleme. Selbst eine so weltläufige Dame wie sie musste erst mühsam die englische Übersetzung für dieses Wort lernen.

Bei soviel Kompetenz verliefen die Seenotrettungsübungen wie am Schnürchen. Auch die Sängerin Vicky Leandros musste sich dieser Prozedur unterziehen. Sie befand sich als Entertainerin an Bord dieser Asienreise. Außerdem gab es eine kirchliche Hochzeit – vor der spektakulären Kulisse Hongkongs. Bei der Zeremonie waren nicht nur Braut und Bräutigam zu Tränen gerührt, sondern auch „Frau Direktorin“, wie einige Gäste Heidrun von Goessel respektvoll nannten. Viele wollen erneut bei der MS „Deutschland“ eine Reise buchen.

Die neuen Geschäftsführer der Reederei sind jedenfalls mit den Buchungszahlen zufrieden. „Wir liegen jetzt schon im Orderbuch bereits 30 Prozent über den Buchungszahlen – verglichen mit 2013“, sagt Christopher Nolde, Geschäftsführer der Reederei Peter Deilmann. „Das führt zu einem vielversprechenden Start in das Jahr, denn wir haben schon 70 Prozent unseres Reiseumsatzes für 2014 in der Tasche.“

Die gesamte Branche befindet sich ohnehin im Aufwind. In den vergangenen zwölf Monaten haben die Deutschen mehr als 1,2 Milliarden Euro für Kreuzfahrten ausgegeben. Rund zwei Millionen Bundesbürger unternahmen eine Reise auf einem Hochsee- oder Flusskreuzfahrtschiff. Der Kreuzfahrtmarkt, so eine GfK-Studie, entwickelt sich besser als der Urlaubsmarkt an Land.

Heidrun von Goessel plant, im März wieder als Kreuzfahrtdirektor auf der „Deutschland“ zu arbeiten. Auch wenn sie mit ihrem Mann in dieser Zeit nur telefonieren, mailen oder skypen kann. Wie jüngst bei ihrem Hochzeitstag und seinem Geburtstag. Vielleicht, so hofft sie, kommt er einmal mit. „Denn der Erfolg an Bord – er macht süchtig“, sagt sie.