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Extremwetterkongress: Meteorologen gegen langfristige Vorhersagen

Extremwetterkongress plant „Hamburger Erklärung“

Von Edgar S. Hasse
Führende Meteorologen aus ganz Deutschland werden auf dem am Dienstag (12. April 2011)  beginnenden 6. Extremwetterkongress eine „Hamburger Erklärung“ unterzeichnen – einen erstmals verbindlichen Kodex für die Seriosität von Wettervorhersagen. Darin wollen die Experten langfristigen Prognosen aus Gründen wissenschaftlicher Sorgfaltspflicht eine deutliche Absage erteilen. Genaue Vorhersagen, die das Wetter Wochen und Monaten später prognostizierten, seien meteorologisch und wissenschaftlich nicht haltbar, vielmehr schadeten sie dem „Ruf aller seriös arbeitenden Meteorologen“, heißt es in der Erklärung. Ihr können sich nicht nur einzelne Meteorologen, sondern auch Institutionen offiziell anschließen.

Die Meteorologen empfehlen, auf die Erstellung und Veröffentlichung solch langfristiger Prognosen zu verzichten, die der Öffentlichkeit den Eindruck vermittelten, man könne mit dem heutigen Stand der Wissenschaft detaillierte Aussagen über die kommende Jahreszeit treffen. Verantwortbar seien dagegen Vorhersagen für einen Zeitraum von fünf Tagen bis zu einer Woche. Hintergrund der „Hamburger Erklärung“: In der Vergangenheit hatten einzelne Meteorologen immer wieder das Wetter für mehrere Wochen oder sogar Monate vorhergesagt. Zwar gelten langfristige Vorhersagen als großes Ziel in der Wetterbeobachtung. Doch die Entwicklung valider Verfahren stehe erst am Anfang.

Der Extremwetterkongress, zu dem sich von Dienstag an mehr als 1100 Wissenschaftler, Wetter-Moderatoren, Journalisten und interessierte Laien in Hamburg treffen, ist der größte Branchenkongress dieser Art in Europa. Bis Freitag beraten sie unter anderem über die Folgen des Klimawandels, die Vorhersage extremer Wetterereignisse und über die Auswirkungen der Naturkatastrophe in Japan. Aus diesem aktuellen Anlass wird unter anderem der Diplom-Meteorologe und Wettermoderator Sven Plöger der Frage nachgehen, warum Menschen stets dann anfangen zu handeln, wenn es oft schon zu spät ist. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif behandelt aktuelle Extremwetter-Ereignisse. Veranstaltet wird der Kongress von Frank Böttcher (Institut für Wetter- und Klimakommunikation in Hamburg).

Quelle: Mein Beitrag in der WELT, 11. April 2011