Schlagwort-Archive: loriot

Bundespräsident Wulff: „Wir haben mit Loriot Lachen gelernt“

Quelle: Evangelischer Pressedienst, 23. August 2011

Von Andreas Rehnolt und Renate Kortheuer-Schüring

„Mit 70 muss man damit rechnen, aus biologischen Gründen vertragsbrüchig zu werden…“, witzelte Loriot vor Jahren. Da war Vicco von Bülow selbst schon über 80. Und er begegnete dem eigenen Altern mit einer gehörigen Portion schwarzen Humors. Am 22. August, Montagnacht, ist Deutschlands berühmtester Karikaturist mit 87 Jahren in Ammerland am Starnberger See gestorben – an Alterschwäche. Als einer der ersten brachte Bundespräsident Christian Wulff seine Trauer zum Ausdruck: „Wir haben durch Loriot lachen gelernt.“

„Wach bleiben, nichts als selbstverständlich hinnehmen und sich über alles wundern“ – hatte der einst sein Erfolgsrezept beschrieben. Der Cartoonist, Autor, Schauspieler und Regisseur war Loriot vor allem für seine exakte Planung von Witz und Hintergründigkeit bekannt. „Ich zeige ja allzu menschliche Dinge, die wirklich jedem passieren und einen großen Wiedererkennungswert haben“, sagte er.

Den meisten Deutschen ist er wohl durch die gespielten Sketche seiner sechsteiligen Fernsehserie „Loriot“ im Gedächtnis – oft an der Seite von Evelyn Hamann (1947-2007). Legendär ist etwa die „Liebeserklärung“, die an einer Nudel auf der Nase scheitert. Aber auch die Trickfilme mit Dr. Klöbner, Herrn Müller-Lüdenscheidt und einer Gummi-Ente in der Hotelbadewanne zählen zu den unvergessenen Loriot-Klassikern. Später wurden seine Kinofilme „Ödipussi“ (1988) oder „Pappa ante portas“(1990) zu großen Erfolgen.

Der am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geborene Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow stammt aus einer alten preußischen Offiziersfamilie. Er wuchs bei seiner Großmutter in Berlin auf, wurde zum Kriegsdienst eingezogen, nahm am Russlandfeldzug teilt. Nach Kriegsende studierte er Malerei und Grafik und zeichnete ab 1950 unter dem Pseudonym „Loriot“ Karikaturen. Der Name, der später sein Markenzeichen wurde, geht auf das Wappentier der Familie zurück: den starengroßen, gelbschwarzen Pirol, der auf französisch Loriot heißt.

Vicco von Bülow war seit 1951 mit seiner Frau Romi verheiratet und Vater von zwei Töchtern. Er lebte bis zuletzt am Starnberger See. Seit einigen Jahren war es stiller geworden um ihn. Loriot hatte sich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Das Fernsehen sei heute „zu schnell geworden für meine Komik“, befand er. Die von ihm stets angestrebte und geleistete „komische Qualität“ sei kaum mehr erreichbar im hektischen TV-Geschäft.

Besonders zugeneigt blieb der Humorist zeitlebens dagegen der klassischen Musik und der Oper. 1982 dirigierte er ein humorvolles Festkonzert zum 100. Geburtstag der Berliner Philharmoniker, mit deren Geschichte er familiär verbunden war. Selbst inszenierte er als Regisseur die Opern „Martha“ in Stuttgart und „Der Freischütz“ in Ludwigsburg. Loriot galt zu Recht als einer der vielseitigsten humoristischen Künstler im deutschsprachigen Raum.

Anlässlich seines 85. Geburtstags zeigte das Berliner Museum für Film und Fernsehen 2008/2009 die bislang größte Ausstellung zu seinem Werk. Das ist hochdekoriert, unter anderem mit einem Adolf-Grimme-Preis (1974), der Goldenen Kamera (1978), dem Deutschen Kleinkunstpreis (1979) zwei „Bambis“ (1988, 1993), dem Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache (2004) und dem Deutschen Comedypreis/ Ehrenpreis (2007). Victor von Bülow ist zudem Träger des Großes Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1998).

Dem Publikum bleibt er wohl vor allem durch seine Filme und Fernsehsketche in Erinnerung. „Der deutsche Film ist angenehmer als eine Nase, denn bei durchschnittlicher Länge läuft er nur 90 Minuten.“ Diesen Ausspruch über die Filmkunst legte Vicco von Bülow seinem berühmten Knollennasen-Männchen in den Mund. Auch der Hund Wum und seine Freunde, der Elefant Wendelin und der Blaue Klaus, mit denen das ZDF über viele Jahre für die Aktion Sorgenkind warb, stammten aus Loriots Feder.

Zu Klassikern wurden die „Steinlaus“ – eine Parodie auf den Tierfilmer Bernhard Grzimek, der „Lottogewinner“, der mit dem Papst in Wuppertal eine Herren-Boutique eröffnen will oder die Hausfrau Frau Hoppenstedt mit ihrem „Jodeldiplom“: Evelyn Hamann bringt Herrn Doktor Vogler zur Weißglut, weil sie einfach nicht begreift, dass Hollerö dö dudel dö „als zweites Futur bei Sonnenaufgang“ etwas gänzlich anderes ist als Holleri du dödel di. „Lachen ohne Anlass ist pure Dämlichkeit“, formulierte Loriot einst über die „allzu menschlichen Dinge“ in seinen Sketchen. Nicht nur Bundespräsident Wulff ist sich sicher: „Loriot lebt in seinen Werken weiter.“

Loriot ist tot – Mit 87 Jahren gestorben

 

Quelle: dpa, 23.8.11

Deutschlands berühmtester Humorist Loriot ist tot. Der Künstler, der mit bürgerlichem Namen Vicco von Bülow hieß, starb am Montagabend in Ammerland am Starnberger See an Altersschwäche, wie der Diogenes Verlag am Dienstag mitteilte. Loriot wurde 87 Jahre alt. Seine zahlreichen Sketche sind legendär – etwa die Nudel im Gesicht beim verpatzten Rendezvous, der missglückte Auftritt des Lottogewinners Erwin Lindemann oder die Cartoons „Herren im Bad“ und „Das Frühstücksei“. Auch seine beiden Kinofilme „Ödipussi“ (1988) und „Pappa ante portas“ (1991) begeisterten Millionen Menschen. Loriot wurde zunächst mit Zeitschriften-Cartoons und Knollennasenmännchen bekannt. Später kamen die Fernseh-Sketche, etwa in der ARD-Serie „Loriot I-VI“ (Erstausstrahlung 1976-1979), hinzu. In Sketchen wie über die Familie Hoppenstedt trat Loriot meist selbst als wandlungsfähiger Schauspieler hervor, oft mit seiner bereits 2007 gestorbenen Kollegin Evelyn Hamann.

Manche nannten den aus Brandenburg an der Havel stammenden Offizierssohn, dessen Vorfahren am Hof von Friedrich dem Großen verkehrten, auch den „Karl Valentin des Cartoons und der Fernsehunterhaltung“ oder „Deutschlands komischste Figur“. Auf jeden Fall war Loriot, der sich nach dem französischen Wort für das Wappentier seiner Familie benannte (loriot = Pirol), einer der populärsten Deutschen. In Umfragen nach der Beliebtheit kam er regelmäßig auf einen der vordersten Plätze. Im Jahr 2007 landete er bei der ZDF-Sendung „Unsere Besten – Komiker & Co“ auf Platz eins.

 SEIN LEBENSLAUF, QUELLE: offizielle Loriot-Website:

12.11.1923 geboren in Brandenburg an der Havel
1934-41 Humanistisches Gymnasium Berlin und Stuttgart
1947-49 Kunstakademie Hamburg
seit 1949 Werbegrafik
seit 1950 Cartoons für den Stern
1953 bis heute Bücher im Diogenes Verlag, Zürich: Großer Ratgeber, Tagebuch, Heile Welt, Dramatische Werke, Möpse und Menschen, Loriot, u.a.

Gesamt-Auflage ca. 5 Millionen

seit 1955 Cartoons für QUICK

Humoristische Werbegraphik (SCHARLACHBERG, usw.)

seit 1967 Satirische Prosa
1967-72 TV-Serie CARTOON (Autor und Hauptdarsteller)

Zeichentrickproduktion CARTOON, STANWELL, u.a.

1968 Adolf Grimme-Preis (Ehrende Anerkennung)
1969 Goldene Kamera
1971 Entwurf des TV-Hundes WUM für die AKTION SORGENKIND
1972 Stern des Jahres von der „Münchner Abendzeitung“
1972 Rose D´or de Montreux (Ehrende Anerkennung)
1973 Ausstellung im Wilhelm Busch Museum, Hannover
1973 Grimme Preis in Silber
1973 Goldene Europa
1973 Goldene Schallplatte
1974 Großes Verdienstkreuz
1974 Karl-Valentin-Orden
1975 Text zu „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens
1976 Deutscher Schallplattenpreis
seit 1976 TV-Serie LORIOT I – IV (Autor, Hauptdarsteller, Regisseur)
1978 Goldene Kamera
1979 Deutscher Kleinkunstpreis
1979 „Versuch eines Dirigates“ der Berliner Philharmoniker anlässlich des Bundeskanzlerfestes
1979 Mitglied des P.E.N.
1980 Politische Satire für TV-Sendereihe REPORT
1980 Bayerischer Verdienstorden
1982 Festrede und Sketche mit den Berliner Philharmonikern anlässlich ihres 100. Geburtstages
1982 Festrede zur Wiedereröffnung des Deutschen Theaters in München
1982 Preis der deutschen Schallplattenkritik
1983 TV-Sendung „Loriots 60. Geburtstag“
1983 Text zu „Peter und der Wolf“ von Sergej Prokofieff
1984 Rede zur Verleihung des Erich-Kästner-Preises für Literatur
1985 Ausstellung und Feier im Dom zu Brandenburg
1985 Inszenierung der „Dramatischen Werke“ im Stadttheater Aachen (Regie)
1985 Literaturpreis der Stadt Kassel für grotesken Humor
1985/86 Inszenierung der Oper „Martha“ an der Staatsoper Stuttgart (Regie, Bühnenbild, Kostüm)
1986 Telestar, Ehrenpreis für Fernsehunterhaltung
1986 „Critici in erba“ der Internationalen Jugendbuchmesse, Bologna
1988 Premiere des Spielfilms „Ödipussi“ in Berlin Ost und West am 10.3.88 (Autor, Regisseur, Hauptdarsteller)
1988 Ernst-Lubitsch-Preis für die beste deutschsprachige Filmkomödie 1988
1988 Ausstellung im Wilhelm Busch Museum, Hannover
1988 Inszenierung der Oper „Freischütz“ anlässlich der Ludwigsburger Schlossfestspiele (Regie, Bühnenbild, Kostüme)
1988 TV-Sendung „Loriots 65. Geburtstag“
1988 Rede anlässlich der Verleihung des Bayrischen Filmpreises „Bambi“
1989 Rede anlässlich der Verleihung des Deutschen Filmpreises
1989 Ausstellung in Weimar und Rostock
1990 1. Auftritt mit dem Scharoun-Ensemble mit dem „Karneval der Tiere“ in Berlin
20.2.1991 Premiere des 2. Spielfilms „Pappa ante portas“ (Autor, Regie, Hauptrolle)
1991 Goldene Leinwand der Gilde Deutscher Filmkunsttheater
1991 Auftritt mit dem Scharoun-Ensemble bei den Salzburger Osterfestspielen, im Gewandhaus Leipzig und im Brandenburger Theater mit „Karneval der Tiere“ und „Peter und der Wolf“
1991 Goldenes Grammophon der Deutschen Grammophon Gesellschaft
1992 „Der Ring an einem Abend“ (Wagner „Ring des Nibelungen“ in einer Fassung für Erzähler, Sänger und Orchester) in Mannheim
1992 TV-Sketch anlässlch Heinz Rühmanns 90. Geburtstag
1993 TV-Sendung „Loriots 70. Geburtstag“
1993 Ausstellung in Potsdam, Düsseldorf, München, Hamburg
7.4.1993 „Der Ring an einem Abend“ in Mannheim
22./23.4.1993 „Karneval der Tiere“ und „Peter und der Wolf“ mit dem Gewandhausorchester unter Kurt Masur in Leipzig
1993 „Der Ring an einem Abend“ in der Volksoper in Wien
1993 Ehrenbürgerschaft der Stadt Brandenburg und Gemeinde Münsing
1993 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (Abteilung Darstellende Kunst)
1993 Sonderbambi verliehen vom Burda Verlag
1994 Verschiedene Lesungen mit Walter Jens aus dem Briefwechsel von Friedrich II und Voltaire
17.1.1996 Thomas Mann-Lesung im Jüdischen Gemeindezentrum in Frankfurt
1996 Ehrenlöwe des Fernsehpreises „Der Goldene Löwe“
1997 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin-Brandenburg
1998 TV-Sendung „Loriots 75. Geburtstag“
23.9.1998 Großes Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
12.6.1999 Verleihung des Weilheimer Literaturpreises

Rede an die Jugend

2001 Ehrenmitglied der Deutschen Oper Berlin
2001 Verleihung des Till-Eulenspiegel-Satire-Preises
2.7.2001 Verleihung der Ehrendoktorwürde, Uni Wuppertal
2002 Ehrenpreis des Bayerischen Filmpreises
2003 TV-Sendung „Loriots 80. Geburtstag“
2003 Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin für das Fach Theaterkünste
2003 Ehrenpreis der Goldenen Kamera
30.10.2004 Verleihung des Jacob-Grimm-Preises
30.4.2006 Benefiz-Matinee zur Erhaltung des Berliner Renaissance-Theaters
2007 Kultureller Ehrenpreis der Stadt München
2008 Sonderausstellung „Loriot – Eine Hommage“ in der Deutschen Kinemathek Berlin