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Baden in der Antarktis: Die heißen Dampfquellen im Vulkankrater von Deception Island

foto: Alexander/Artic Foto
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Edgar S. Hasse
Deception Island, die Insel der Täuschung, verspricht Polarreisenden ein heißes Badevergnügen im ewigen Eis. Wo sich einst in der Walfängerbucht die südlichste Trankocherei der Welt befand, brodelt es unter dem Lavastrand. Denn Deception Island, das hufeisenförmig in der Bransfieldstraße (nördliche Antarktis) liegt, ist eine der interessantesten Kraterinseln der Welt. Der Vulkan ist noch immer aktiv. Die letzten Ausbrüche ereigneten sich zwischen 1967 und 1970.

Auf den ersten Blick gleicht Deception Island im Antarktischen Sommer wie die Kanaren-Insel Lanzarote. Wäre da nicht der auf den Bergen schmelzende Schnee.
„An mehrere Stellen gibt es in Strandnähe heiße Dampfquellen, die Fumarolen“, sagt Heike Fries. Die Geologin aus Aachen ist als Lektorin an Bord des Hamburger Kreuzfahrtschiffes „Hanseatic“ unterwegs. Die Weihnachtsreise des Expeditionsschiffes führte 2014 von Feuerland bis zur antarktischen Halbinsel und wieder zurück. Ich habe diese Reise als Bordgeistlicher und Journalist begleitet.
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Treibstofftanks aus früheren Walfang-Zeiten, Deception Island. Foto: E. Hasse


Wenn Kreuzfahrtschiffe wie die „Hanseatic“ von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten in Whalers Bay festmachen, lockt der null bis zwei Grad warme Atlantik während des antarktischen Sommers stellenweise tatsächlich zum Bade. Bei Ebbe können die Badegäste im teilweise aufgeheizten Meerwasser plantschen, während vereinzelt Pinguine am Ufer entlang watscheln. „Wo die Fumarolen auftreten, wird es am Ufer gut 23 Grad Celsius warm.

Wenige Zentimeter weiter kann es allerdings wieder ganz kalt sein“, sagt Heike Fries, die an der Universität Köln Geowissenschaften studiert hat und von alten Steinen fasziniert ist. Als Fachreferentin für Geologie und Glaziologie (Gletscherkunde) ist sie regelmäßig in Deutschland, der Schweiz, vor allem aber in der Antarktis, Arktis und auf dem Westpazifik unterwegs.

 

Einige Passagiere und Crewmitglieder wagten kurz vor Silvester einen Sprung ins kühle Nass. Der Shop an Bord des Schiffes hatte passend für diesen Anlass Badehosen und Badeanzüge zum Verkauf angeboten. Bei Lufttemperaturen von fünf Grad Celsius und wenig Wind wurde der Sprung ins Südpolarmeer zu einem einzigartigen Erlebnis. Was die Winterbader auf Sylt und Usedom können und zum Jahreswechsel an Nord- und Ostsee schon zur Tradition geworden ist, das können Kreuzfahrer in der Antarktis auch. Zum Jahreswechsel werden hier auch noch weitere eistaugliche Kreuzfahrtschiffe festmachen und zu Badetouren ihre Reisenden ausbooten.

Deception Island ist aus
geologischer Perspektive relativ jung, erst rund 750.000 Jahre alt. Der Vulkan kollabierte vor rund 10.000 Jahren. Es entstand eine Caldera, in der sich das Meer ausbreiten konnte. Die Magma-Kammer des Vulkans ist rund 1200 Grad heiß. Wenn das Meerwasser der Kammer zu nahe kommt, tritt heißer Dampf auf. Und dieser heizt das Meerwasser an einigen Stellen auf. Wer an Whalers Bay die Hand einige Zentimeter tief im Lavastrand vergräbt, kann sich beinahe die Finger verbrennen. „Ich habe schon Temperaturen von 56 Grad gemessen“, sagt Heike Fries. So heiß kann die Antarktis sein.

Der Vulkan – einer von zwei noch aktiven in der Antarktis – sorgte dafür, dass die 1906 gebaute Walfangstation im Jahr 1927 bei einem Ausbruch zerstört wurde. Noch heute sind unter anderem die alten Treibstofftanks und das Dampfkesselhaus als stumme Zeugen einer industriellen Verwertung der getöteten Wale zu sehen.
Inzwischen kontrollieren Forscher regelmäßig die Aktivitäten des Vulkans von Deception Island. Es gibt drei Stufen der Warnung. Bislang wird noch immer die niedrigste angezeigt. Mal sehen, wie lange noch.