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Hamburger Hafen – Die großen Kreuzfahrtevents im Mai 2013

Die Kreuzfahrtsaison 2013 steuert auf ihren ersten kontrastreichen und unterhaltsamen Höhepunkt zu. Nach der Taufe der „Europa 2“ rockt die „Mein Schiff 1“ mit 2000 Metal-Fans im Mai das Elbufer

Quelle: Mein Beitrag in der  Welt am Sonntag, 21. April 2013
Von Edgar S. Hasse

Erst kommen die Taufgäste und danach die Heavy-Metal-Fans. Größer können die Kontraste nicht sein, die Mitte Mai im Hamburger Hafen zu sehen – und vor allem zu hören sein werden. Während zur Taufe der „Europa 2“ am 10. Mai Taufpatin Dana Schweiger sowie Nina Petri und Eva Habermann erwartet werden, rocken am 11. Mai rund 2000 Metal-Fans an Bord der „Mein Schiff 1“. Pünktlich zum Hafengeburtstag kehrt das Traumschiff von TUI Cruises nach der bislang größten Heavy-Metal-Kreuzfahrt Europas in den Hamburger Hafen zurück. Hell erleuchtet und mit 50.000 Watt Lichtstärke versehen will die „Mein Schiff 1“ zum Hafengeburtstag gratulieren. Die Stars der Szene – darunter Doro Pesch und Gamma Ray – unterhalten von der Reling aus den Hafenrand.
Tatsächlich steuert die Kreuzfahrtbranche der Hansestadt in der Saison 2013 auf viele neue und kontrastreiche Höhepunkte zu. Insgesamt werden 173 Schiffsanläufe mit mehr als 500.000 an- und abreisenden Passagieren erwartet – ein Plus von acht beziehungsweise 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 21 Reedereien schicken in dieser Saison 34 Kreuzfahrtschiffe in die Elbmetropole. Dazu gehören die „Queen Mary 2“ genauso wie die schwimmenden Hotels der Rostocker AIDA-Flotte.
Weil die Branche boomt, wird in Hamburg jetzt sogar über den Bau eines dritten Kreuzfahrtterminals debattiert. Die Behörden favorisieren den Kaiser-Wilhelm-Hafen mit dem Kronprinzkai im mittleren Hafengebiet (Stadtteil Steinwerder). In diesem Bereich südlich der Elbe und in unmittelbarer Nähe zum Alten Elbtunnel ist nach Expertenansicht die notwendige Infrastruktur vorhanden. Außerdem könnten dort ausreichend Parkplätze zur Verfügung stehen. Der dritte Terminal würde die beiden Standorte im Graskrookhafen und in Altona ergänzen und die Kapazitäten in Hamburg deutlich erhöhen.
Zunächst aber bildet Blankenese mit dem markanten Süllberg die stilvolle Kulisse für die Taufe der „Europa 2“. Die Zuschauer an Land können sich am Abend des 10. Mai auf ein großes Feuerwerk und den musikalischen Auftritt von Dick Brave & the Backbeats freuen.
Das soeben in Frankreich fertiggestellte Schiff von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten ist die neue Schwester der „Europa“. Mit maximal 516 Gästen an Bord bietet die „Europa 2“ den größten Platz pro Passagier auf einem Kreuzfahrtschiff. Es gibt hier ausschließlich Veranda-Suiten mit einer Mindestgröße von 28 Quadratmetern. Zielgruppe sind solvente berufstätige Passagiere und ihre Familien.
Der Tagespreis pro Gast liegt im Durchschnitt bei 600 Euro pro Tag. Weil die beruflich engagierten Gäste nicht viel Freizeit haben, dauern die Törns zwischen sieben bis höchstens zwölf Tage. Schlips und Smoking können die Reisenden getrost zu Hause lassen. Welcome- und Farewell Gala wird man auf dem 225 Meter langen Schiff der Hamburger Reederei ebenso nicht finden wie das sonst vielfach beliebte Captain’s Dinner. Leger soll es auf den Reisen zugehen.
Und dafür steht, so Hapag-Lloyd-Kreuzfahrten-Geschäftsführer Wolfgang Flägel, die 49-jährige Dana Schweiger. „Sie ist die perfekte Besetzung als Taufpatin, denn sie verkörpert den modernen, legeren und kosmopolitischen Lifestyle der ‚Europa 2′“, meint er. Und die Mutter von vier Kindern sagt: „Ich bin besonders vom umfangreichen Familien- und Kinderangebot an Bord begeistert. Es gibt sogar eine Betreuung für zweijährige Kinder.“ Kurz nach der Taufe beginnt die Jungfernfahrt der „Europa 2“, die bis nach Lissabon führt.
Und einen Tag später, am 11. Mai, kehrt die „Mein Schiff 1“ nach einer siebentägigen Full Metal Cruise mit dem Ziel Amsterdam nach Hamburg zurück. „Die Besucher des Hafengeburtstages werden uns mit Sicherheit nicht überhören“, prophezeit Richard J. Vogel, Geschäftsführer von TUI Cruises, mit Sitz am Anckelmannsplatz. Schließlich befinden sich rund 20 Bands an Bord des Schiffes, das vor wenigen Wochen erst aus der Karibik nach Europa zurückgekehrt ist. Für die Erfinder des Wacken Open Air Festivals besteht zwischen Metal und Kreuzfahrt übrigens kein Widerspruch. „Es gibt eine immer größere Zahl von Metal-Fans, die Lust auf die Musik haben, aber nicht mehr unbedingt im Zelt schlafen wollen“, sagt Thomas Jensen, Geschäftsführer der ICS Festival Service GmbH.
Eine weiche Koje auf der „Mein Schiff“ ist da allemal besser. Die Reederei der beliebten „Wohlfühlschiffe“ befindet sich derzeit ohnehin auf Expansionskurs. Am 23. Mai, fügt Vogel hinzu, feiert TUI Cruises im finnischen Turku die Kiellegung der „Mein Schiff 3“ und gleichzeitig den Produktionsstart der „Mein Schiff 4“. Damit verfügt die Flotte nach Fertigstellung über zwei Neubauten. Womöglich treffen sich dann auch dort demnächst die zahlungskräftigen Metal-Fans.
Die Fans von Peter Maffay jedenfalls sind an Bord der „Queen Mary 2“ in dieser Saison genau richtig. Zum ersten Mal in seinem Leben unternimmt der prominente Sänger eine Kreuzfahrt und wird auf dem Oceanliner der britischen Cunard-Reederei Konzerte geben. Wie Sprecher Ingo Thiel sagt, startet die fünftägige Oslo-Kreuzfahrt am 6. November in Hamburg. Der potenzielle Passagier Maffay freut sich schon jetzt, für Unterhaltung auf der „Queen Mary 2“ zu sorgen. „Ich bin stolz, dass die Cunard Line mich als ersten Künstler für ihre Konzerte auf See ausgewählt hat.“ Das weltweit längste Kreuzfahrtschiff läuft den Hamburger Hafen in diesem Jahr insgesamt 15 Mal an. Von hieraus starten die Transatlantik-Passagen nach New York, aber auch Törns in die norwegischen Fjorde. Die „Queen Elizabeth“ macht in Hamburg in diesem Jahr dreimal Station. Und im Januar 2014 legt sie in der Hansestadt zu einer neuen Weltreise ab.

Bildunterschrift:
Die neue „Europa 2“ – hier in einer Computersimulation – startet in der Hansestadt zu ihrer Jungfernfahrt nach Portugal
Foto: HLKF

Autor: Edgar S. Hasse
Anhänge:

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Einzelabbildung

Eine Nacht als Kapitän auf der „Cap San Diego“

Von Edgar S. Hasse

(Quelle: WELT, http://www.welt.de/welt_print/article1265883/Kapitaen-fuer-eine-Nacht.html)

Das Foto von Berthold Fabricius zeigt den Autor in der Käptn-Suite der „Cap San Diego“

Den Hamburger Hafen kenne ich aus vielen Perspektiven. Mal von oben, als ich auf einem Kran in 15 Meter Höhe das Eindocken der „Queen Mary 2“ bei Blohm + Voss beobachtete. Oder ich lernte ihn vom Wasser aus kennen, durch Hafenrundfahrten, Törns auf Barkassen und Motorjachten oder als Passagier beim Einlaufen diverser Kreuzfahrtschiffe. Nur übernachtet habe ich im Hamburger Hafen noch nicht. Dabei bietet das Museumsschiff „Cap San Diego“ die einzigartige Möglichkeit, eine oder mehrere Nächte an Bord zu verbringen.

Und so führte mich der stattliche Stückgutfrachter, der einst für die Reederei Hamburg Süd auf der Linie Hamburg-Südamerika verkehrte, direkt in die ein mal zwei Meter große, frisch bezogene Koje des Kapitäns, Elbblick inklusive. Um es vorweg zu sagen, es war eine lange Nacht ohne Seegang und ohne die endlosen Weiten der ozeanischen Wüste. Dafür waren es maritime Stunden, die man wirklich nur hier, auf dem leicht ergrauten „Weißen Schwan“ der Südamerika-Linie, erleben kann. Über die steile Gangway war ich direkt zum Pförtnerhäuschen gelangt, wo ein freundlicher Matrose zur Erledigung der üblichen Formalitäten drängte. Nach Angabe von Name, Anschrift und Datum erhalte ich den Schlüssel für die Suite des Kapitäns, die sich auf der Steuerbordseite befindet.

Ich öffne die Tür und bin einigermaßen überrascht vom spröden Charme des Interieurs. Die Annehmlichkeiten der Zivilisation sind auf das notwendige Maß reduziert. Fernsehgerät? Obstkorb zur Begrüßung? Bademantel? Solche Hotelstandards darf selbst der Gast der Kapitänssuite nicht erwarten. Denn schließlich ist die „Cap San Diego“ kein Hotelschiff, sondern ein altehrwürdiger, 1961 gebauter und überdies fahrtüchtiger Museumsfrachter. Ich stelle meine Tasche, um in der Sprache der Landratten zu bleiben, im knapp zwölf Quadratmeter großen Schlafzimmer ab und öffne mit einiger Mühe die mit Schrauben verschlossene Luke. Mein Blick trifft auf den Helgoland-Katamaran „Halunder Jet“, der gerade an den Landungsbrücken festmacht. Nun packt mich die Entdeckerfreude, und ich erkunde mein Reich für die nächsten 13 Stunden.

Das geräumige Wohnzimmer besteht aus einer grünen Sitzgarnitur, eingebauten und verschlossenen Schränken, Regalen und einem imposanten Schreibtisch mit Telefon. Soll ich die Nummer 1 wählen? Dann wäre ich, würde das prähistorische Kommunikationsmittel funktionieren, mit der Brücke verbunden. Hier saß also einst der Kapitän und gab Order. An der Wand hängt eine Seekarte mit den Umrissen von Feuerland, daneben steht ein elektrischer Wasserkocher als einsatzbereites, neuzeitliches Utensil für die Gäste. Am Morgen, nehme ich mir vor, werde ich damit löslichen Kaffee brühen und ganz gemütlich in den neuen Tag starten, der meine Abreise bedeuten würde. Danach schaue ich mir das kleine Badezimmer an und bin erstaunt über die opulenten Ausmaße der Badewanne. Tatsächlich, das Wasser, das ich probeweise hineinlaufen lasse, wird warm, richtig heiß sogar.

 Das Vollbad gehört übrigens zur Originalausstattung. Ein bisschen Wohlstand sollte eben mitfahren, als die 159 Meter lange „Cap San Diego“ einst Kaffee, Textilien, Chemikalien und sogar trächtige Kühe transportierte. Als Zeichen meiner Besitznahme lasse ich die Lampen und Leuchten in der Suite brennen und gehe von Bord des Schiffes, um zum Zeitvertreib in die Rolle eines Touristen zu schlüpfen. Wenige Minuten später finde ich mich auf den Landungsbrücken wieder, entschließe mich zum Besuch eines Steakrestaurants und wende vorher noch einmal den Blick zurück – auf die „Cap San Diego“. In der Kapitänssuite, meiner Suite, brennt noch immer das Licht, was mich ein wenig mit Stolz erfüllt. Nach einem Abstecher ins nahe Portugiesenviertel kehre ich schließlich an Bord zurück, lese ein Buch und lausche den Geräuschen der Nacht, die sich mit grauem Dunst über die Lichter des Hafens legt. Als ich in meiner Koje liege und schlafe, träume ich, wie das Schiff auf große Fahrt geht und sanft über die Wellen gleitet, so wie es auf jenem Aquarellbild zu sehen ist, das in der Kajüte hängt. Am Morgen danach liegt Hamburg im Nebel. Das Glas meiner Luken ist beschlagen, als ich in die Wanne steige mit einer Tasse frischen Kaffees und den Duschvorhang beiseite schiebe, auf dem blaue Delfine schwimmen.

Zum Frühstück im Bistro erwartet mich lächelnd Gesa Rädeker, die Bordmanagerin des Schiffes, die in Bologna Theaterwissenschaften studiert und Vorlesungen von Umberto Eco gehört hat. Sie erzählt mir von der Geschichte des Schiffes und davon, das die jeweils vier Doppel- und Einzelkabinen sehr gut gebucht seien und die Kapitänssuite sowieso. Eine Nacht in der Suite ohne Frühstück koste 125 Euro, in der Doppelkabine 90 Euro. Wenig später heißt es für mich: Sachen packen. Diesmal lösche ich das Licht und schließe die Tür mit einem Gefühl leichter Wehmut und dem festen Vorsatz, bald wieder zurückzukehren, um mich für eine Nacht wie ein schlummernder Kapitän zu fühlen.