Hans Apel gestorben – „Ein urhamburger Gewächs und guter Christ“

DPA, 7. 09. 11:

Der frühere Bundesverteidigungsminister Hans Apel (SPD) ist tot. Dies teilte Verteidigungsminister Thomas de Maizière am Mittwoch im Bundestag mit. Apel starb im Alter von 79 Jahren in Hamburg. Er war von 1978 bis 1982 Verteidigungsminister unter Kanzler Helmut Schmidt, von 1974 bis 1978 amtierte er als Finanzminister.

1990 schied der SPD-Politiker nach 25 Jahren aus dem Bundestag aus.

Apels Ehefrau Ingrid sagte „Spiegel online“, ihr Mann sei nach zweijähriger Krankheit am Dienstagmorgen in einer Hamburger Klinik im Kreis seiner Familie verschieden. „Es war ein friedlicher Moment, er ist einfach eingeschlafen“, sagte Ingrid Apel.

Apel geriet als Verteidigungsminister in die innerparteiliche Schusslinie, als er den Nachrüstungsbeschluss der NATO Anfang der 80er Jahre verteidigte. Mit dem Ende der sozialliberalen Koalition 1982 endete auch seine Minister-Amtszeit. Zeitweise wurde er sogar als „Kronprinz“ von Helmut Schmidt gehandelt. 1985 trat Apel als Berliner SPD-Spitzenkandidat an, unterlag aber gegen Eberhard Diepgen (CDU).

Apel war ein engagierter lutherischer Christ und zuletzt Mitglied der Selbstständigen Evangelisch Lutherischen Kirche. Die Nordelbische Kirche hatte er verlassen. Hans-Peter Strenge, der Präsident der Nordelbischen Synode, würdigte ihn gegenüber der Zeitung „Die Welt“ als „urhamburger Gewächs und guten Christen“.

Lesen Sie auch meine Rezension seiner Autobiografie (Quelle: WELT, 6.09.10)

Von Edgar S. Hasse

Als der damalige Bundesfinanzminister Hans Apel  (SPD) 1975 von einer Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds in den USA nach Deutschland zurückkehrte, überraschte ihn ARD-Moderator Friedrich Nowottny mit einem für den Politiker völlig unerwarteten Thema. Weil die Kommunikation über den Großen Teich noch nicht so reibungslos funktionierte, antwortete der ahnungslose Apel auf die Frage nach dem durch die Steuerreform plötzlich aufgetauchten Haushaltsloch: „Ich glaub, mich tritt ein Pferd.“

Auf dieses Zitat wurde der Hamburger SPD-Politiker danach immer wieder spöttelnd angesprochen, sodass er jetzt in seinen Lebenserinnerungen mit einem Anflug von Ironie schreibt: „Wenn ich ein Motto für meinen Grabstein suchte, sollte ich diesen Spruch wählen.“
Gemeinsam mit seiner Frau Ingrid, die er seit seiner Jugendzeit kennt, hat Apel  „unser Gedächtnis“ und die Tagebücher durchforstet, um Anekdoten in Erinnerung zu rufen, Erfahrungen aufzuschreiben und eigene Fehler selbstkritisch zu beleuchten. Entstanden ist unter dem Titel “ Hans, mach du das“ eine sehr persönliche Rückschau, aber auch ein zeitgeschichtliches Dokument, das vom Hamburger Feuersturm 1943 bis zur Deutschen Einheit führt.
Im Kontext seiner Biografie – 1932 in Hamburg geboren, in einer Barmbeker Zweizimmerwohnung aufgewachsen, 1974 bis 1978 Bundesfinanzminister und von 1978 bis 1982 Verteidigungsminister – führt Apel seine Leser durch die Zeitläufte. Dabei profitieren sie von seinen Fortschritten an Weisheit und Erkenntnis. Insbesondere das erste Kapitel „Alt werden“ und der letzte Abschnitt „Mein Glaube wächst“ markieren eine subtile innere Auseinandersetzung mit dem Sinn des Lebens, dem Christentum und einer Landeskirche, die Apel wegen der offiziell genehmigten kirchlichen Segnung gleichgeschlechtlicher Paare 1999 verlassen hatte. Seitdem gehört das Ehepaar der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) an.
Ebenso gern wie unterhaltsam erzählt Apel auch die Geschichte seiner ersten Rede im Bundestag. Im Januar 1966 forderte ihn Herbert Wehner auf, über die Europapolitik zu sprechen: „In dieser Debatte muss der Genosse  Apel  reden. Er muss entjungfert werden.“ Apel, mit Lampenfieber vor der Premiere, lernte seine Rede – was keiner ahnte – komplett auswendig. Und brillierte. Prompt lobte ihn der damalige Bundestagspräsident Eugen Gerstenmeier mit den Worten: „Das ist das Idealbild für dieses Haus.“
Am Ende seiner Erinnerungen steht die Erkenntnis, dass Neugierde, Standvermögen und Dankbarkeit wichtig für ein gelingendes Leben sind. Leitend sollte auch diese Einsicht sein: „Wer aufsteigen will, muss wissen, dass sein Abstieg unvermeidlich kommt. Es sei denn, er segnet vorher das Zeitliche.“

Hans Apel: „Hans, mach du das! Lebenserinnerungen“, Brunnen Verlag Gießen und Basel 2010, 195 Seiten, 14,95 Euro .

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